Deine ersten Personalentscheidungen als CEO

Du stehst kurz davor, die höchste Position im Unternehmen zu übernehmen: die Rolle des CEOs. Doch sobald die Glückwünsche verklungen sind und der Titel offiziell ist, beginnen die eigentlichen Herausforderungen.

Als neuer CEO stehst du vor der Aufgabe, die bestehende Geschäftsleitung zu evaluieren und festzustellen, ob alle Mitglieder die zukünftige Vision und Strategie des Unternehmens teilen. Das ist kein einfacher Schritt: Deine emotionale Intelligenz wird hier zu deiner Schlüsselkompetenz, denn die Herausforderung liegt oft weniger in der Analyse selbst als in der Fähigkeit, notwendige Veränderungen empathisch zu kommunizieren.

Lass dich in diesem Prozess einerseits von deinem Bauchgefühl leiten, so wie das alle CEOs machen. Sei dir gleichzeitig bewusst, dass du blinde Flecken hast und überlege dir, wie du zu informierten Entscheiden gelangst, die dir eine objektive Beurteilung vermögen.

Sorge dafür, dass du ab dem 1. Tag Zeit mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung verbringst. D. h. plane bewusst 1:1 Meetings ein, organisiere zusätzliche Meetings zu spezifischen Themen, an denen die gesamte Geschäftsleitung anwesend ist und beobachte deren Interaktion. Versuche bereits im Vorfeld Informationen über deine Teammitglieder zu erhalten. Z. B. in dem du dir die Beurteilung(en) deiner Vorgänger durchsiehst und auch das Gespräch mit dem Verwaltungsrat suchst.

Mache dir bereits im Vorfeld bewusst, was du von den Teammitgliedern aufgrund der aktuellen Situation, in der das Unternehmen steht, erwartest. Die Erfordernisse werden für eine Turnaround-Situation anders sein, als wenn es um die Stabilisierung nach einer Reorganisation geht. Erstelle z. B. für dich eine Übersicht mit für dich in der Zusammenarbeit wichtigen Elementen. Z. B. Leadership, Energie, Fokus, Fachwissen, Beziehungsfähigkeit, Vertrauen. Lege fest, welches dein Schlüsselkriterium ist. Zusätzlich kannst du ein externes Assessment durchführen lassen, in welchem die verschiedenen Kompetenzen der GL analysiert, Profile erstellt und auf die Stimmigkeit für die anstehenden Aufgaben geprüft werden. Du wirst damit keine Begeisterungsstürme ernten – gleichzeitig zeigst du damit, deine Bereitschaft, eine faire Beurteilung herzuleiten.

Veränderungen in der Geschäftsleitung sind normal

Kommst du zur Erkenntnis, dass du dir eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung oder mit einzelnen Mitgliedern nicht vorstellen kannst, wird es notwendig sein, Veränderungen innerhalb der Geschäftsleitung vorzunehmen – ein heikler Schritt, der nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch deine strategische Klarheit erfordert. Wie bereits erwähnt, ist es gut, wenn du dir möglichst schon vor dem Start Gedanken zu diesem Thema gemacht hast und es nicht verdrängst.

Je nachdem, was deine bisherige Erfahrung ist, hast du selbst noch keine solchen Veränderungen erlebt. Kommst du allerdings aus einem klassischen Corporate Umfeld, wird dir der «Drehtüreffekt» auf oberster Ebene bekannt sein. Ev. warst du als Geschäftsleitungsmitglied bereits selbst davon betroffen und hast erlebt, was ein CEO Wechsel für Unruhe im Team und im

Unternehmen verursachen kann. Vielleicht ist dein Erfahrungshintergrund der aus öffentlich-rechtlichen Unternehmen – so wie das bei mir der Fall ist. Dann kennst du eher das Aussitzen von Personalentscheiden und auch dessen negative Konsequenzen. So oder so, ist es gut möglich, dass du keine klare Vorstellung darüber hast, wie rasch du Personalentscheidungen anpacken solltest. Denn verständlicherweise ist das kein Thema, über das sehr offen gesprochen wird.

Es ist deshalb wichtig, dass du dir bewusst wirst, dass du hier gut informiert und vorbereitet an den Start gehst. Denn Studien zeigen sehr klar, dass CEOs, die früh klare Personalentscheidungen treffen, langfristig bessere Unternehmensergebnisse erzielen.

Früh heisst in diesem Fall in den ersten Monaten nach Antritt der neuen Rolle. In Unternehmen, die hochgetaktet unterwegs sind, wird der CEO seine Entscheidung in den meisten Fällen in den ersten drei Monat fällen.

«Laissez faire» ist keine Option

Ein effektives Führungsteam ist entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens, ist entscheidend für DEINEN Erfolg. Untersuchungen zeigen denn auch, dass Unternehmen mit einem kohärenten Führungsteam ihre strategischen Ziele häufiger erreichen und langfristiges Wachstum sichern. Laut einer Analyse von Egon Zehnder beträgt die durchschnittliche Amtszeit eines CEOs im deutschsprachigen Raum in rund 30% der Fälle noch etwa 3 Jahre. Diese kurze Verweildauer ist auch darauf zurückzuführen, dass das oberste Führungsteam nicht wirklich effektiv zusammengearbeitet hat und der CEO in der Folge nicht die erwarteten Ergebnisse erzielte.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Geschäftsleitung und die Entscheidungsfindung über allfällige Personalveränderungen in den ersten Monaten deine volle Aufmerksamkeit erfordert. Nimm dir deshalb sehr bewusst vor, die nötigen Entscheidungen rasch zu fällen. Nur so wirst du die Energie freibekommen, die du für alle weiteren Aufgaben benötigst, die auf dich zukommen.

Ja, es ist belastend, zum Entscheid zu gelangen, dass eine Zusammenarbeit nicht zielführend ist. Noch viel belastender ist es aber, mit Menschen zusammenzuarbeiten, welche die strategische Zielsetzung nicht unterstützen, die nicht über die nötige fachliche Kompetenz verfügen oder zu denen du schlicht kein Vertrauen aufbauen kannst. Ein häufiger Grund ist, dass eines der Geschäftsleitungsmitglieder selbst die Rolle als CEO angestrebt hat und sich nun schwertut, diese nicht erhalten zu haben.

Erst kürzlich habe ich mit einem CEO gesprochen, der nun seit über einem Jahr in dieser Funktion tätig ist. In unserem Gespräch wurde erkennbar, dass die Geschäftsleitung nicht optimal zusammengesetzt ist. Besonders ein Teammitglied erbrachte seit Beginn der Zusammenarbeit nicht die erwartete Leistung. Darauf angesprochen, antwortete der CEO: «Ich habe jetzt ein Jahr geschaut, ob es besser wird. Das ist nicht der Fall. Ich denke, ich muss jetzt eine Lösung in die Wege leiten.»

Ein solch langsames, eher passives Vorgehen ist nicht zu empfehlen: Dein Führungsteam lernt daraus, dass du unangenehmen Entscheidungen aus dem Weg gehst. Vielleicht zögerst du aus falscher Rücksichtnahme. Mach dir also bewusst, was deine Gründe sind, nicht zu handeln und sei ehrlich mit dir selbst. Denn dein vermeintlich soziales Verhalten macht es während dieser Zeit für das Team schwerer, zu performen, in der Folge leiden auch die Mitarbeitenden und auch die Kunden. Also: Triff deine Entscheidung klug und rasch und sorge dann für eine sozialverträgliche

Lösung. Denn hier kannst du deine ganze Empathie und Kreativität einbringen. Auch dieser Mitarbeiter hat Kompetenzen – vielleicht kann er diese innerhalb des Unternehmens in einer anderen Rolle sehr viel besser einbringen. Das wird stark von seinem Verhalten und seiner Reaktion auf dein Feedback zu seiner Leistung in der Geschäftsleitungsrolle abhängen. Oder ermögliche ein grosszügiges Outplacement mit intensiver Begleitung und Unterstützung in der Stellensuche, sei bereit, dein Netzwerk zu aktivieren, eine faire Referenz abzugeben (denn auch dieser Mitarbeiter hat Kompetenzen) oder öffne den Weg in eine Frühpensionierung etc.

Menschen, die in Geschäftsleitungspositionen tätig sind, verfügen über sehr viel Erfahrung und gute Ressourcen, die in der Lösungsfindung zum Einsatz kommen können. In meiner Erfahrung haben sich jedes Mal gute bis sehr gute Lösungen finden lassen. Denn ja, ich habe die Weiterentwicklung dieser Menschen im Auge behalten. Wichtig ist, dass du auch in diesem anspruchsvollen Moment positiv bleibst und selbst Zuversicht hast, dass es gut kommt. Mitleid ist fehl am Platz, kostet dich Energie und macht dein Gegenüber klein, ohne ihm oder ihr zu nützen. Im Gegenteil, die Situation bedingt deine ganze Energie und Kraft.

Wen du in dieser Situation an deiner Seite brauchst:

Es gibt kaum etwas anspruchsvolleres und belastenderes als Entscheidungen über die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses. Sorge dafür, dass du in diesem Prozess nicht allein unterwegs bist.

Eine erfahrene HR Fachperson, der du vertraust, wird dich in der Entscheidfindung und im konkreten Vorgehen ebenso unterstützen, wie darin, kluge Lösungen zu entwickeln. Denn, was gerne vergessen geht: Auch bei der Auflösung von Arbeitsverhältnissen auf C-Level gibt es zahlreiche arbeitsvertraglichen Aspekte zu berücksichtigen. Je korrekter und transparenter du diesen Prozess führst, desto besser wird die Lösung sein. Ausserdem wird sie dich in der individuellen Lösungsfindung unterstützen, da sie selbst über ein Netzwerk verfügt, das nun aktiviert werden kann.

Ein besonderes Element bei der Auflösung solcher Vertragsverhältnisse ist zudem, dass du nicht allein entscheidest (auch wenn die Vorstellung vom «allmächtigen» CEO vorherrscht). Hier kommt nun der Verwaltungsrat bzw. die oder der Verwaltungsratspräsident/in ins Spiel. In meiner Erfahrung werden sie sich zu Personalfragen während deiner Rekrutierung stark zurückgehalten haben. Es ist durchaus möglich, dass der VR deine Einschätzung i.S. Performance der Geschäftsleitung oder einzelner Mitglieder teilt und darauf wartet, wie du mit der Situation umgehst. D. h. es gilt nun, aktiv das Gespräch zu suchen und deine Eindrücke zu kommunizieren. Auch hier: je früher, desto besser. Nimm den VRP in deinen 1:1 Gesprächen von Anfang an mit, sodass du einerseits wertvolles Feedback erhältst und andererseits deine Entscheidungsprozess nachvollzogen werden kann. Ausserdem gilt es für den Präsidenten den Entscheid des Gesamtverwaltungsrates vorzubereiten und auch hier die nötigen rechtlichen Formalitäten sauber einzuhalten.

Der Wechsel auf C-Level vollzieht sich nicht hinter geschlossenen Türen. In börsenkotierten Firmen ist er der zwingenden Öffentlichkeit zu kommunizieren. Die transparente Kommunikation empfiehlt sich aber auch in jedem anderen Setting. Denke also daran, dass du die auch die Kommunikationsverantwortliche Person frühzeitig einbeziehst, sobald der Entscheid feststeht. Sie sind erfahren darin, mit hochvertraulichen Informationen umzugehen und es fällt ihnen sehr viel leichter, dich in einer überzeugenden Kommunikation zu unterstützen, wenn sie diese nicht «auf den letzten Drücker» erstellen müssen. Denn dem «WIE» der Kommunikation kommt eine essenzielle Bedeutung zu. Ist sie nachvollziehbar und transparent, wird es unter Umständen in der Presse einen Sturm im Wasserglas geben, der aber bereits am nächsten Tag

von den neusten News abgelöst werden wird. Ist sie es nicht, öffnet das Tür und Tor für Spekulationen.

Was die Kommunikation nach Innen anbelangt, so ist es enorm wirksam, wenn die Mitarbeitenden dich sehen können, wenn du kommunizierst. Je unaufgeregter und offener du über den Wechsel sprichst, desto schneller können sie sich wieder ihrem Tagesgeschäft widmen.

Zusätzlich macht es Sinn, wenn du dich in einem externen Mentoring begleiten lässt. Ein solches Mentoring kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, dich bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen. Denn erfahrene Mentoren bieten nicht nur Fachwissen, sondern auch emotionale Unterstützung und wertvolle Netzwerkkontakte.

Ich selbst habe in verschiedenen Führungssituationen Trennungsprozesse einleiten müssen und hätte auf keinen Fall auf diese Unterstützung verzichten wollen. Die Erkenntnis, wie allein man als CEO in diesen herausfordernden Situationen ist, ist denn auch einer der wesentlichen Gründe, weshalb ich Mentoring für C-Levels und erstmalige CEOs anbiete.

Hier nochmals in Kürze, was dir mit Blick auf die wichtigen Personalentscheide dienen wird:

1. Vorbereitung ist alles: Personalentscheide bei einem CEO Wechsel sind nicht normal. Mache dir deshalb bereits in der Rekrutierungsphase Gedanken dazu und stelle Fragen, wie der Verwaltungsrat die Leistungsfähigkeit der Geschäftsleitung einschätzt, bzw. welche Vorstellungen er dazu hat.

2. Sei dir klar, welche Anforderungen du an eine erfolgreiche Zusammenarbeit hast: Definiere und kommuniziere klar, was du dir in der Zusammenarbeit vorstellst. Damit schaffst du Grundlage, für die Beurteilung der Frage, ob du mit dem bestehenden Team eine erfolgreiche Unternehmensführung gestalten kannst. Sollte dies nicht der Fall sein, hast du dir die Basis geschaffen, um nachvollziehbar aufzeigen zu können, weshalb du dich gegen die Weiterführung einer Anstellung entscheidest.

3. Organisiere dir die nötige Unterstützung: Personalentscheide sind anspruchsvoll. Umso mehr, wenn du sie in einem Zeitpunkt treffen musst, in dem du das Unternehmen bis jetzt nicht gut kennst, dir deine Rolle selbst noch nicht ganz klar ist und du dir gleichzeitig der enormen Tragweite deines Entscheids bewusst bist. Kein erfahrener CEO trifft diese Entscheidungen allein im stillen Kämmerlein. Die Kunst besteht darin, sich die richtige Unterstützung zu organisieren.

Fazit

Der Beginn einer CEO-Karriere ist geprägt von komplexen Entscheidungen und Herausforderungen. Die Neuausrichtung des Führungsteams ist dabei ein zentraler Schritt, der mit Bedacht, Entschlossenheit und Empathie angegangen werden sollte. Durch sorgfältige Analyse, offene Kommunikation und die Inanspruchnahme von Mentoring und externer Beratung stellst du mit raschen Entscheidungen bzgl. der Menschen, mit denen du das Unternehmen voranbringen willst, eine der wichtigsten Weichen für den Erfolg des Unternehmens und für eine lange, erfolgreiche eigene «Amtszeit».

Nancy Wayland

Die Stärken in Menschen zu fördern, ist meine Leidenschaft. Seit über zwei Jahrzehnten begleite ich Führungskräfte in der Entwicklung ihrer Leadership-Kompetenzen. Als CEO eines grossen Sozialversicherungsunternehmens habe ich gezeigt, dass tiefgreifende Transformation auch in öffentlich-rechtlichen Organisationen möglich ist – mit dem richtigen Mindset und den richtigen Menschen.

Heute bringe ich diese Kompetenz in mehrere VR-Mandate ein.

2023 habe ich mich selbstständig gemacht und unterstütze seither C-Level-Executives, sowohl in der Vorbereitung auf ihre CEO-Rolle als auch in den ersten Monaten der Einarbeitung, um sie sicher durch die typischen Herausforderungen der Anfangsphase zu navigieren.